Venezuela
Die letzten "weissen Flecken" der Erde! |
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Nach Einbruch der Dunkelheit fuhren
wir zur Jagd, mit dem Boot auf dem Caura hinaus und bogen
in einen schmalen Seitenarm, den Rio Guanacoco ein. Eine atemberaubende
Atmosphäre: stockdunkle Nacht, höllische Geräuschkulisse,
Äste und Spinnennetze im Gesicht, von den Ästen
rieselnde Ameisen o.ä., rechts und links nur die Finsternis
des undurchdringlichen Urwaldes und auf dem Bootsbug der Indianer
mit einem Dreizack. Ab und zu durchdrangen die Lichtfetzen
der Taschenlampen die Dunkelheit. Und da ! Zwei vom Schein
der Taschenlampe rot leuchtende Augen. "Ein Krokodil !" Der
Dreizack bohrte sich in den Rücken, ein wildes Getöse
und Gezappel im Wasser, ein anderer Indianer zerschlug mit
der Machete den ständig um sich schlagenden Schwanz des
Krokodils und dann lag die Echse im Boot mir zu Füssen.
Einige Zeit später wurden auf die selbe Art, auf dem
Flussgrund lauernde und durch ihre scharfen Zähne äusserst
gefährliche Raubsalmler gefangen. Diese Fische werden
bis zu einem Meter gross. Spät nachts waren wir wieder
im Lager mit einer Beute von drei Kaimanen (zwei grosse und
ein kleiner), sechs Raubsalmlern. Die Indianer freuten sich
über Ihren Jagderfolg, und wir schauten etwas traurig
auf die unter Schutz stehenden Kaimane. Die Indianer haben
jedoch die Genehmigung der venezulanischen Regierung, Kaimane
für ihren eigenen Nahrungsbedarf zu jagen. |
Am nächsten Tag begaben wir uns auf einen mehrstündig
geplanter Fussmarsch bis an den Fuss des Guanacoco Tepuis heran.
Durch dichten Regenwald ging es mit 18 kg Rucksackgewicht, bei Saunaluftverhältnissen
von über 90% Luftfeuchte und einer Temperatur von 32'C, über
glitschigen laubbedeckten Boden, unter dem Blätterdach von
Bananenpflanzen und Palmen hinauf zum Wasserfall. Die traumhafte
unberührte Natur des dichten Dschungels und der Wille, diese
Hindernisse zu besiegen, bildeten einen ständig wechselnden
Kontrast. Der dichte Regenwald mit seinen vielen Baumpflanzen, Moosen,
Schlingpflanzen und Lianen sowie der dann noch einsetzende tropische
Regenguss machte uns das Vorwärtskommen immer schwerer. Der
Regen und Schweiss liessen die Sachen am Körper kleben. Wir
schlugen uns durch den feuchten, verwachsenen Dschungel und hatten
trotzdem, Zeit Vögel und Insekten zu beobachten.
Die Indianer blieben jedoch die grösste Zeit im Lager. Wie wir
später erfuhren, hatte dies auch einen Grund. Das Gebiet unterhalb
des Guanacoco Tepuis ist unseren indianischen Begleitern nicht geheuer.
Die Indianer haben den Glauben an Waldteufel. In diesem Gebiet, am
Guanacoco, spuken auch noch besonders viele Teufel. Deshalb verdrehen
die Indianer Lianen zu unlösbaren Geflechten, stechen Blätter
durch andere Blätter oder schlagen Zeichen in die Bäume.
Die Teufel sitzen nun über der kniffligen Lösung des Rätsels
und haben somit keine Zeit, uns und die Indianer zu verfolgen.
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Morgens gingen wir noch ein Stück höher,
bis an die Steilwand heran. Unser erstes Ziel ist ein bisher
noch namenloser Wasserfall. Er stürzt in 450 m Höhe
über den Rand des Tafelberges. Die Plateaus des Guanacoco
Tepuis sind noch nie von Menschen betreten worden, und auch
das umliegende Gebiet wird von Indianern aufgrund der Waldgeister
nur selten besucht. Also wahrlich "weisse Flecken" auf der
Landkarte! Wir setzen uns zwischen exotische Gräser auf
einen Felsvorsprung. Bis zum Horizont liegt uns in einer unendlichen
Weite der grüne Teppich des Urwaldes zu Füssen.
Die tropische Sonne über uns - in den Baumkronen Schwärme
von Aras unter uns - der rauschende Wasserfall an der Tepuiwand
hinter uns - ein traumhaftes Land! |
In Ciudad Bolivar angekommen, bezogen wir das Grand Hotel. Wir konnten
endlich unsere nach Erde riechenden Sachen trocknen, unsere verschimmelten
Schuhe ausziehen und freuten uns auf Dusche, WC, Bett und Polar Bier.
In Ciudad Bolivar sahen wir uns noch die Angostura Brücke an,
welche den Orinoko an der engsten Stelle überbrückt und
informierten uns über die Geschichte des Nationalhelden Simon
Bolivar.
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Auf der Fahrt an die karibische Küste Venezuelas,
in der Nähe der Stadt San Augustin, besichtigten wir
die von Alexander von Humboldt erforschten Guacharo Höhlen.
Unser Reiseführer berichtete, dass in ihr ca. 5000 Guacharovögel
(Fettschwalme) mit Ratten, Mäusen, Grillen, Fledermäusen,
Tausendfüsslern, Würmern und kleinen Welsen leben.
Alle diese Tiere sind blind. Sie sind in einem ökologischen
Gleichgewicht. Bilden jedoch die Ratten eine Überpopulation
und plündern die Nester der Guacharovögel, sammeln
die Vögel im Urwald giftige Früchte und bringen
sie in die Höhle, damit die Ratten daran verenden. |
An der äussersten rechten Ecke der karibischen Küste Venezuelas,
unter Trinidad, abseits jeglicher Touristenwege mieteten wir ein kleines
Strandhaus und verbrachten die letzten Tage mit Schlafen und Ausruhen
unter Palmen an schneeweissen Stränden sowie Geniessen von gutem
Essen.
Wieder in Deutschland angekommen und wieder im Alltagsleben untergegangen,
erinnere ich mich immer gern an den wunderschönen Urlaub im venezulanischen
Dschungel.
-Ende-
J.Böhme |
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